Sport- und Kommunikationswissenschafter, seit 1992 im Dienst betrieblicher Gesundheitsförderung und Prävention
Sport- und Kommunikationswissenschafter, seit 1992 im Dienst betrieblicher Gesundheitsförderung und Prävention
Die psychischen Belastungen haben sich seit in den letzten Jahrzehnten vervierfacht ! Dies lässt sich nicht bloß durch die Verschlechterung unserer Lebensbedingungen und gesellschaftlichen Verhältnisse erklären.
Einerseits ist das Thematisieren psychischer Belastungen ist salonfähig geworden. Man darf (und tut es auch) psychische Erkrankungen als Gründe für Krankenstand und Frühpensionierungen ins Treffen führen.
Mit der Fokussierung auf psychische Belastungen treten aber auch selbstverstärkende Nocebo-Effekte auf, psychologische Phänomene, die aber von PsychologInnen nicht hervorgehoben werden. Man beschmutzt man nicht das eigene Nest !
Noceboeffekte treten auf, wenn sich negative Erwartungen und Überzeugungen auch (gesundheitlich) negativ auswirken. Stellen Sie sich zum Beispiel vor, Sie trinken genußvoll ihr Lieblingsgetränk und sie erfahren, daß jemand zuvor in das Glas gespuckt hat ! Stellen Sie sich weiters vor, sie arbeiten zum Beispiel in einem Geschäft, das von Laufkundschaft lebt, die sich an manchen Tagen häufiger oder auch nur sehr selten einfindet, oder als Springer in einem Induistrieunternehmen und Sie erhalten im Zuge einer Arbeitsplatzevaluierung das Ergebnis einer arbeitspsychologischen Fachkraft, daß diese Unvorhersehbarkeit der Arbeitsbelastung eine (hohe !) psychische Belastung darstellt….
Durch die Fokussierung auf den Anstieg psychischer Arbeitsbelastungen, rückten die sogenannten muskulo-skelettären Erkrankungen (MSE) in den letzten Jahren in den Hintergrund der öffentlichen Wahrnehmung. Mitunter mit dem kuriosen Nocebo-Effekt, daß Beschäftigte, die ihre Arbeit wortwörtlich nicht mehr durchstehen können, bewegungsverarmte Bildschirmarbeitende, die nicht mehr wissen, wie sie schmerzfrei sitzen können oder Handwerker, die fragen, ob ihr Kreuz oder ihre Knie die Arbeit noch aushalten, dies als psychische Belastung angeben.
Natürlich nervt es, wenn die Füße bereits beim Weg in die Arbeit schmerzen; wenn man weiß, daß die bereits bestehenden Schulter-Nacken-Verspannungen am heutigen Bürotag sicher nicht besser werden, wenn man wegen der Kreuzschmerzen nicht einschlafen kann, aber die Arbeit muss getan werden und morgen muß man wieder früh aufstehen !
Alles ist Psyche ! Aber vergessen wir nicht, daß der Sitz der Psyche in unserem Körper ist ! Daß bei aller Sorge um die heutigen Schlüsselqualifikationen, wie digitale und emotionale Kompetenz, die Basis immer auch der Einklang mit der eigenen – körperlichen – Befindlichkeit ist.
Eigentlich schrieb Juvenal 100 n. Chr. in Rom in seiner 10. Satire von insgesamt 16 Satiren „orandum est ut sit mens sana in corpore sano.“ frei übersetzt „schön wäre es, wenn in einem gesunden Körper ein gesunder Geist wäre“.
Dem ist nur hinzuzufügen, daß es auch schön wäre, wenn ein gesunder Geist auch in einem gesunden Körper wäre !